Kleine Binsenjungfer

Lestes virens (vestalis)

RAMBUR, 1842

 

Hinweise zur zoologischen Nomenklatur: „Lestes“ (gr.) = Räuber. Wegen der räuberischen Lebensweise der Imagines und ihrer Larven. „virens“ (lat.) = grünlich. Die blaue Bereifung ist weniger ausgeprägt als bei der Glänzenden Binsenjungfer, Lestes dryas, oder der Gemeinen Binsenjungfer, Lestes sponsa. „vestalis“ (lat.) = nach den vestalischen Jungfrauen Roms, den Vestalinnen, Priesterinnen der Vesta, römischer Göttin des Herdfeuers. Der deutsche Artname bezieht sich auf die Größe der Tiere und verweist auf die kleinste Binsenjungfernart.

 

 

Die Kleine Binsenjungfer ist etwas zierlicher als die anderen Teichjungfernarten. Mit einer Körperlänge von etwa 30 bis 35 Millimetern ist sie die kleinste Teichjungfernart Europas. Die Flügelspannweite liegt bei etwa 40 Millimetern. Die Flügelmale der Tiere sind dreistufig gefärbt. Ein braunes Innenmal wird von zwei schmalen weißen Feldern eingegrenzt. Beim Männchen sind die letzten beiden Hinterleibssegmente ab der  Geschlechtsreife  blau bereift. Diese Zeichnung fehlt beim Weibchen gänzlich.

 

Die Hinterseite des Kopfes ist, ähnlich wie bei der Südlichen Binsenjungfer, Lestes barbarus, scharf abgegrenzt und von gelber Farbe.

 

Kleine Binsenjungfer, Lestes virens, frisch geschlüpftes Weibchen.
Kleine Binsenjungfer, Lestes virens, frisch geschlüpftes Weibchen.

 

Die Kleine Binsenjungfer schlüpft ab Juli und entfernt sich zunächst vom angestammten Gewässer. Sie suchen geeignete Habitate auf, wo sie reifen, und jagen können und auch die Nächte verbringen. Man kann die jungen Imagines in Entfernungen von bis zu einem Kilometer vom Brutgewässer auf offenem Feuchtgelände oder trockenen Flächen, die mit Heidekraut bewachsen sind finden. Dichte und kleinflächige Gehölze werden genauso gemieden wie geschlossene  Waldgebiete.

 

 

Zum Beginn der Hauptflugzeit im August kehren die Tiere wieder zu den angestammten Gewässern zurück. Die Männchen besetzen die mit Binsen bestandenen Uferregionen und fliegen dort kurze Strecken um nach Weibchen zu suchen. Die 10 bis 12 Tage später einfliegenden Weibchen werden sofort von den auch landwärts wartenden Männchen teilweise in regelrechten Wettflügen am Hinterrand der Vorderbrust ergriffen. In der so entstandenen Tandemformation fliegt das Pärchen dann zum Wasser. Die dort wartenden weiteren Männchen versuchen dann ihrerseits ein bereits angekoppeltes Weibchen zu ergattern. Meist jedoch ohne großen Erfolg.

 

Am Ufer angekommen setzt sich das Tandem ab. Nun befüllt das Männchen mit dem angekoppelten Weibchen binnen 15 bis 30 Sekunden seine Samentasche. Die anschließende Paarung erfolgt im klassischen Paarungsrad und dauert in der Regel 5 bis 20 Minuten und findet im Sitzen in unmittelbarer Nähe des Ufers statt. In Ausnahmefällen kann sie bis zu 40 Minuten andauern.

 

 

Die Eiablage erfolgt wieder in Tandemformation. Hierbei sticht das Weibchen seine Eier in vertikale, weiche und meist abgestorbene Pflanzenteile wie Binsen- und Seggenhalme ein. Dies kann auch an Stellen geschehen, die vorübergehend trocken gefallen sind. Bei Eiablagen an Pflanzen über Wasser taucht das Weibchen gerade soweit mit seinem Abdomen ins Wasser, bis die Spitzen der Flügel benetzt werden. Die Eiablage kann sich bis zu zwei Stunden hinziehen. Durch die Bewachung des Weibchens durch das angekoppelte Männchen wird sichergestellt, dass dessen Gene auch tatsächlich in die kommende Generation übergehen. Ist die Individuendichte unverpaarter und störender Männchen am Gewässer groß, bleibt das Männchen an sein Weibchen länger angekoppelt. Bei geringer Männchendichte kann die Tandemverbindung durch das Männchen früher aufgelöst werden. In diesem Fall fährt das Weibchen mit der Eiablage noch bis zu einer Stunde alleine fort.

 

Die Kleine Binsenjungfer, Lestes virens, bei der Eiablage.
Die Kleine Binsenjungfer, Lestes virens, bei der Eiablage.

 

Die Art bevorzugt seichte Gewässer wie kleine Tümpel, Flachseen und Weiher. Ein Austrocknen einzelner Gewässer über den Sommer schadet dabei nicht. Leicht saure und moorige Gewässer, wie Randbereiche von Hoch- Übergangs- und Quellmooren wo sie mit anderen Teichjungfernarten vergesellschaftet lebt, werden ebenso besiedelt wie bewachsene Torfstiche, Sandgruben und zu naturschutzzwecken geschaffene Gewässer, sofern sie den ökologischen Ansprüchen der Art entsprechen.  Hin und wieder besiedelt Lestes virens auch extensiv bewirtschaftete Fischteiche.

 

Alle Gewässertypen sollten eine nur geringe Tiefe aufweisen, sehr gut besonnt sein und über einen lockeren Bestand von emerser, niederer Vegetation verfügen. Gewässer mit dichten Schilf oder Rohrkolben beständen werden ebenso gemieden wie solche, die von buschigen Hochstaudenfluren beschattet sind. Tümpel und Weiher am oder im Wald eignen sich gleichfalls nicht als Habitat für die Kleine Binsenjungfer.

 

 

Lestes virens ist eine ursprünglich südliche Art, deren Verbreitung von Nordafrika bis an die Küste der Ostsee reicht. Südschweden, Südfinnland und Teile von Estland werden von ihr besiedelt. Auf den Britischen Inseln fehlt die Art.

 

Die West-Ost-Ausdehnung reicht von Portugal bis nach Südsibirien. In den Alpen erreicht sie eine Höhe von bis zu 1.200 Metern ü. NN.

 

 

Ihr Bestand ist in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Gründe hierfür sind ursprünglich offene, später sukzessiv verbuschte Habitate, in denen eine Pflege unterblieb sowie künstliche Grundwasserabsenkungen, die eine dauerhafte Austrocknung der ursprünglich besiedelten Gewässer zur Folge hatten. Beschattungen von Rohrkolben diverser Gewässer, auch in Naturschutzgebieten, führten zum schnellen Erlöschen selbst großer Populationen. Aus diesen und weiteren Gründen wird sie in der Roten Liste der bedrohten Tierarten als „Stark gefährdet“ eingestuft. In Österreich ist sie bereits "Vom Aussterben bedroht".

 

 

Lebensraum der Kleinen Binsenjungfer, Lestes virens.
Lebensraum der Kleinen Binsenjungfer, Lestes virens.

 

Vorhandene Populationen sollten daher überwacht und gefördert werden, indem die Gewässer offengehalten und von schattenspendender Vegetation befreit werden. Dabei sollte die niedere Ufervegetation über den Winter unangetastet bleiben, da sonst die Gelege zerstört werden.

 

Neu geschaffene Flachgewässer in geeigneten Gebieten werden überraschend schnell neu besiedelt, sobald sich eine entsprechende Vegetation gebildet hat.

 

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