Zur wissenschaftlichen Namensgebung: „Libellula“: Guillaume Rondelet (* 1507 – U 1566) war ein französischer Naturforscher. Er verwendete das Wort „Libellula“ erstmals für Larven von Kleinlibellen, die dem in der Antike so benannten Hammerhai ähneln sollen. (Siehe auch: Kapitel Plattbauch, Libellula depressa). „quadrimaculata“ stammt von „quadri“ (lat.) = von „quattor“ (lat.) = als Präfix = vier- und „maculatus“ (lat.) = gefleckt. Wegen der Flecken in der Mitte der Flügelvorderränder. Der deutsche Artname leitet sich aus der lateinischen Beschreibung ab.
Larven des Vierflecks im letzten Stadium vor der Häutung zur Imago. Die knapp 2 Zentimeter großen Tiere zeichnen sich durch eine hohe Aggressivität und einen großen Appetit aus.
Die folgende Bildtafel zeigt ein Männchen des Vierflecks, Libellula quadrimaculata, bei seiner etwa 3stündigen Imaginalhäutung an einem frühen Morgen im Mai, kurz nach Sonnenaufgang.
Zu den Bildern unten: Hin und wieder passieren auch Missgeschicke, sogenannte „Schlupfunfälle“, die das Schicksal einer jungen Libelle rasch besiegeln. Dieses Männchen geriet offensichtlich durch eine Windbö in diese für es aussichtslose „Steißlage“. Unfähig, den Flügeln zu einer normalen Entwicklung zu verhelfen und sich am Schlupfsubstrat umzudrehen, verließen das Tier alsbald die Kräfte. Ein unter der Libelle wartender Teichfrosch fing den Vierfleck im Fall mit seinem Maul auf. Für diese Momentaufnahmen blieben weniger als 3 Sekunden Zeit.
Beim Vierfleck sind Männchen und Weibchen schwer voneinander zu unterscheiden, da beide gleich gefärbt sind. Lediglich die Hinterleibsanhänge weisen Unterschiede auf. Bei den Weibchen sind diese gerade und etwas kürzer. bei den Männchen sind sie leicht nach außen gebogen. Die Art zeigt dementsprechend keinen Sexualdimorphismus.
Männchen des Vierflecks in verschiedenen Altersstadien:
Libellula quadrimaculata ist eine Segellibelle von gedrungener Gestalt und erreicht lediglich eine Körperlänge von 4,0 bis 4,5 Zentimetern. Ihre Flügelspannweite kann zwischen 7,0 und 8,5 Zentimetern betragen. Alle vier Flügel weisen im Bereich des Nodus, einer Querader in der Mitte einen dunklen Fleck auf, der für die Art namensgebend ist. Die Augen sind zweifarbig definiert. Die obere Augenhälfte ist schokoladenbraun, die untere grün bis gelblich gefärbt. Der Thorax ist stark behaart. Das Abdomen ist ebenfalls zweiteilig gefärbt. Die Hinterleibssegmente S-1 bis S-6 sind braun und bei jungen Imagines noch recht hell gefärbt. Bei frisch geschlüpften Exemplaren ist oft noch ein sogenanntes „Luftsacksystem“ als helle Flecken zu erkennen, welches der Libelle zur Regulierung der Wärmezufuhr Dienste leistet. Die Abdominalsegmente S-7 bis S-10 sind schwarz gefärbt und besitzen an den Flanken deutlich sichtbare gelbe Flecken. Die Hinterflügel weisen einen leicht variablen Basalfleck auf. Hierdurch kann es bei flüchtigem Hinsehen leicht zu einer Verwechslung mit dem wesentlich selteneren Zweifleck, Epitheca bimaculata, kommen.
In seltenen Fällen bildet der Vierfleck eine Art Sonderform aus, die wissenschaftlich „forma praenubila“ genannt wird. Diese Form ist an den mehr oder weniger stark ausgeprägten rauchigen Flügelbändern zu erkennen. Die folgende Aufnahme zeigt ein Exemplar dieses Typs.
Der Vierfleck ist eine weit verbreitete Segellibelle, die beinahe an jedem Biotop, ob im Moor, an großen oder kleinen Stillgewässern, in Kiesgruben, an Tümpeln sowie an langsam fließenden Gewässern wie Altarmen und Seitenbuchten mit üppiger Vegetation angetroffen werden kann. Hochmoore und verkrautete Verlandungszonen diverser Gewässertypen werden oft in sehr hoher Abbundanz besiedelt.
Biotope, in welchen Libellula quadrimaculata in hoher Abbundanz beobachtet werden kann:
Die Zeiten, in denen der Vierfleck in Schwärmen von geradezu biblischen Ausmaßen den Himmel verdunkeln konnte, gehören allerdings der Vergangenheit an. In der Literatur finden sich Hinweise, dass die Art etwa um das Jahr 1860 in Deutschland in Schwärmen wanderte, die etwa 2,5 Milliarden Individuen stark waren. Alleine der Einsatz moderner Insektizide in der Landwirtschaft dürften derartige Phänomene in Zukunft verhindern.
Libellula quadrimaculata ist eigentlich eine Art des Frühjahrs. Ihre Flugzeit beginnt etwa 1 bis 2 Wochen später als die des Plattbauchs, Libellula depressa. Die Tiere schlüpfen den gesamten Monat Mai hindurch. Einzelne Exemplare können noch als Nachzügler bis in den Juli schlüpfen.
Noch spätere Funde bilden die extrem seltene Ausnahme. Den Autoren gelang am 4. Oktober 2010 eine fotografische Dokumentation eines jungen Weibchens der Art. Zuletzt verbriefte Nachweise solch später Funde stammen vom 22. September sowie vom 9. Oktober des Jahres 1927. (Er. Schmidt, publiziert 1928). Die beiden letzten Aufnahmen der Bildserie unten zeigen dieses Exemplar.
Bildtafel unten: Weibchen des Vierflecks, Libellula quadrimaculata, in diversen Altersstufen.
Nach dem Schlupf fliegen die jungen Imagines weitab vom angestammten Gewässer umher, um zu reifen und zu jagen. Diese Reifehabitate sollten über eine üppige und hohe Vegetation, vereinzelte Baumgruppen bis hin zu Wäldern, und Gebüsch aufweisen. Dort verbringen die Tiere auch die Nacht. Nach dem Erreichen der Geschlechtsreife kehren die Männchen zum Gewässer zurück, um dort in „Segellibellenmanier“ auf einem erhöhten Ansitz auf die später einfliegenden, paarungsbereiten Weibchen zu warten. Dabei lässt sich eine Art Rangfolge erkennen; je höher ein Männchen sitzt, umso stärker ist sein Revieranspruch. Die einfliegenden Weibchen werden von den wartenden Männchen sogleich zur Paarung ergriffen.
Die Paarung als solche findet in schnellem Flug statt und dauert lediglich wenige Sekunden. Danach legt das Weibchen 2.500 bis 3.500 Eier (!) dicht über der Wasseroberfläche ab. Je nach Temperatur schlüpfen nach zwei bis sieben Wochen die Larven. Diese durchlaufen bis zur Entwicklung zur fertigen Libelle 12 Stadien, wofür sie zwei bis drei Jahre an Entwicklungszeit benötigen.
Aufgrund seiner relativ geringen Ansprüche, abgesehen von einer guten Wasserqualität, an seinen Lebensraum ist der Vierfleck heute noch überall häufig anzutreffen. Daher wird er in der Roten Liste für bedrohte Tierarten als „Ungefährdet“ eigestuft. Erste Anzeichen eines Rückgangs der Art sind jedoch darin begründet, dass Libellula quadrimaculata im Gebiet der Oberrheinebene und im Bereich des Neckars auf der Vorwarnliste steht.