Gemeine Heidelibelle

Sympetrum vulgatum

LINNAEUS, 1758

Portrait eines Jungtieres der Gemeinen Heidelibelle.
Portrait eines Jungtieres der Gemeinen Heidelibelle.

 

Hinweise zur zoologischen und wissenschaftlichen Nomenklatur: „Sympetrum“ ist eine Wortkombination, zusammengesetzt aus „sym-piezein“ (gr.) = „zusammengedrückt“ und „êtron“ (gr.) = Unterleib. Vermutlich wegen dem seitlich zusammengedrückten Abdomen. „vulgatum“ stammt von „vulgatus“ (lat.) = verbreitet, bekannt. Wegen der einst in Mitteleuropa häufigsten und bekanntesten Art ihrer Gattung. Der deutsche Artname entspricht weitestgehend der wissenschaftlichen Beschreibung.

 

 

Die Bilder Unten zeigen ein Männchen während der Ruhephase des Schlupfes und unmittelbar vor dem Jungfernflug.

 

 

Sympetrum vulgatum ist, entgegen ihrem Namen heutzutage selten geworden. Während die Blutrote Heidelibelle, Sympetrum sanguineum, und die Große Heidelibelle, Sympetrum striolatum,  jedes Jahr reichlich bis massenhaft beobachtet werden können, schwankt der Bestand der Gemeinen Heidelibelle von Jahr zu Jahr erheblich. In den letzten Jahren konnten nicht viele Individuen gefunden werden. Erst seit dem Spätsommer 2013 war erfreulicher Weise wieder eine Zunahme an Individuen der Art festzustellen.

 

Die Gemeine Heidelibelle ist eine mittelgroße Segellibelle mit einer Flügelspannweite von bis zu 6,0 Zentimetern und einer Körperlänge von ca. 5,0 Zentimetern. Im Erwachsenenstadium sind auch hier die Männchen leuchtend rot gefärbt. Die Weibchen wechseln, nachdem sie ihr gelbes Jugendkleid abgelegt haben, zu einem rötlich-braunen Farbton.

 

Männchen der Gemeinen Heidelibelle in verschiedenen Ausfärbungs- und Altersstadien.

 

 

Diese Tiere zweifelsfrei zu bestimmen ist nicht leicht. Es besteht eine erhebliche Verwechslungsgefahr mit der Großen Heidelibelle. Deshalb hier ein paar wichtige Unterscheidungsmerkmale:

 

Beide Arten verfügen über einen schwarzen Strich, oberhalb der Stirn. Das ist das nasenartige Gebilde vorne am Kopf. Bei der Großen Heidelibelle endet dieser bereits über den Augen, während er bei der Gemeinen Heidelibelle noch ein gutes Stück herab läuft. Der Legebohrer steht  bei der Großen Heidelibelle schräg am Ende des Hinterleibs ab. Bei der Gemeinen Heidelibelle bildet er fast einen Winkel von 90°. Die Gemeine Heidelibelle ist etwas kleiner als die Große Heidelibelle. Der Hinterleib der Männchen ist keulig verdickt, was bei der Großen Heidelibelle nicht der Fall ist. Mit zunehmendem Alter und fortschreitender Jahreszeit werden die Weibchen immer dunkler, sogar mitunter leicht rötlich. Die herausragenden Bestimmungsmerkmale bei den Weibchen der Gemeinen Heidelibelle sind die Legeklappe, die nicht in das achte Hinterleibssegment hineinreicht, sowie bei beiden Geschlechtern der an den Augen herablaufende schwarze Strich über der Stirn.

 

Weibchen der Gemeinen Heidelibelle in diversen Altersstufen:

 

 

Die Gemeine Heidelibelle besiedelt ein breites Habiatsspektrum. Stehende Gewässer vielerlei Art, mit üppiger, strukturreicher Röhrichtvegetation an flachen Ufern oder verwachsenen Binsen- oder Seggenbeständen werden genauso als Lebensraum genutzt wie Kies- und Tongrubengruben, Fischreiche, Waldweiher, Tümpel und Gartenteiche.

 

 

Sympetrum vulgatum beginnt Anfang Juli zu schlüpfen. Die Schlupfperiode reicht dabei über 2 volle Monate bis Ende August. Dementsprechend liegt die Hauptabbundanz im August und September. Etwa ab der zweiten Oktoberhälfte verschwinden die meisten Tiere. Bei einem warmen Spätherbst können Ende Oktober und an den ersten Novembertagen noch einzelne Individuen beobachtet werden.

 

Die Emergenz der Gemeinen Heidelibelle beginnt in der Regel am frühen Morgen und dauert, je nach Witterung, 1,5 bis 2,5 Stunden. Jungfernflüge finden bei einer Schönwetterlage ab 10.30h MESZ statt.

 

Zur Paarungszeit finden sich die Gemeinen Heidelibellen, wie alle anderen auch, am Gewässer zusammen. Die Männchen fliegen ihre Reviere auf der Suche nach Weibchen ab. Sobald eine potentielle, paarungsbereite Partnerin gefunden ist, wird diese sofort ergriffen. Kurze Zeit später wird das für Libellen typische Paarungsrad gebildet. Das Männchen sucht nun einen geeigneten Sitzplatz, denn nur im Sitzen kann es seine Spermien an das Weibchen übertragen.

 

 

Wissenschaftliche Studien ergaben, dass die Männchen der Gemeinen Heidelibelle offensichtlich Schwierigkeiten haben, arteigene von artfremden Weibchen zu unterscheiden. So kommt es bei Sympetrum vulgatum, ähnlich wie bei der Großen Heidelibelle, Sympetrum striolatum, häufig zur Bildung interspezifischer Tandems, sogenannten Fehlgriffen und sogar zur Bildung von Paarungsrädern.  Ob es  dabei zu einer erfolgreichen Befruchtung von Eiern des jeweiligen artfremden Weibchens kommt, ist bislang nicht zweifelsfrei geklärt.

 

 

Unmittelbar nach einer artgleichen Paarung fliegt das Pärchen in Tandemformation  zum Gewässer, wo das Weibchen unter schnell wippenden Flugbewegungen seine Eier an der Wasseroberfläche abstreift. Die Eiablage dauert länger als bei der morphologisch ähnlichen Großen Heidelibelle, Sympetrum striolatum. Offenbar fliegen die Tiere hierzu auch weiter auf das Wasser hinaus. Nach einiger Zeit löst sich das Tandem auf. Das Männchen bewacht aus einiger Entfernung sein Weibchen und vertreibt sich nähernde Rivalen. Die Eier überwintern in einer Diapause. Die im April und Mai schlüpfenden Larven durchlaufen 9 bis 11 Stadien, die jeweils mit einer Häutung abgeschlossen werden. Für Ihre Entwicklung zur Libelle benötigen sie ca. 4 Monate. Die Tagesphänologie der Imagines entspricht größtenteils jener der Großen Heidelibelle.

 

Die Art  gilt als ein eurosibirisches Faunenelement und ist in Mittel- und Osteuropa häufig und weit verbreitet. Westlich des Rheins gelangt sie in einen atlantischen Einflussbereich und ist dadurch bedingt erheblich seltener und kommt nur noch zerstreut vor. Auf den Britischen Inseln gilt sie als seltener Einwanderer. In den meisten Mittelmeerländern, einschließlich Nordafrika fehlt die Art gänzlich. Ausnahmen bilden Norditalien, Südfrankreich, das ehemalige Jugoslawien und der äußerste Nordosten Griechenlands.

 

In Deutschland war sie Art bis vor weniger als 10 Jahren noch sehr häufig anzutreffen. Seitdem reduzierten sich die Bestandszahlen permanent. Erst im August 2013 konnten die Autoren im äußersten Norden von Nordrhein-Westfalen einen Massenschlupf von mehreren Tausend Individuen beobachten. Sympetrum vulgatum gilt gemäß der Roten Liste für bedrohte Tierarten als „Ungefährdet“, genießt jedoch, wie alle Libellen, einen besonderen gesetzlichen Schutz.

 

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