Frühe Heidelibelle

Sympetrum fonscolombii

SELYS, 1840

Portrait eines Männchens der Frühen Heidelibelle, Sympetrum fonscolombii.
Portrait eines Männchens der Frühen Heidelibelle, Sympetrum fonscolombii.

 

Sympetrum“ Zusammengesetzt von „Sym-piezein“ (gr:) = „zusammengedrückt“ und „êtron“ (gr:) = „Unterleib“. „fonscolombii“ = Zu Ehren  dem französischen Entomologen „E. L. J. H. Boyer de Fonscolombe“ (1772-1853). Deutscher Artname: Wegen der im Vergleich zu anderen Sympetrum (Heidelibellen)-Arten frühen Flugzeit.

 

 

Bevor die Art ausführlich beschrieben wird, sind auf der folgenden Bildtafel vorab einige Sequenzen der Imaginalhäutung der Frühen Heidelibelle zu sehen.

 

Leere Larvenhäute, Exuvien von Sympetrum fonscolombii:

 

Im Unterschied zu anderen Sympetrum-Arten ist das relativ große Flügelmal auch bei ausgefärbten Tieren gelb-ockerfarben und von schwarzen Adern umrandet. Bei frisch geschlüpften Tieren ist das merkwürdig leuchtende Gelb, das Graublau der unteren Augenhälfte in Verbindung mit dem gelben Fleck an der Hinterflügelbasis auffallend. Bei den erwachsenen Männchen ist der Hinterleib intensiv rot, die Stirn rot mit markant abgesetztem blass grünem Streifen entlang des Augenvorderrandes. Die Hauptflügeladern der basalen Flügelhälfte sind größtenteils rot. Die Rotfärbung entwickelt sich schon bald nach dem Schlüpfen. Der Thorax weist schmale, helle Seitenbinden auf. Die Flügel der Weibchen besitzen einen gelben Basalfleck von unterschiedlicher Ausdehnung (gelegentlich so groß wie bei der Gefleckten Heidelibelle, Sympetrum flaveolum, mit hellgelber Äderung. Die untere Augenhälfte ist auch hier von graublauer Färbung.  Entlang der Abdominalsegmente verläuft eine feine Schwarzzeichnung, die durch die Trennlinien der einzelnen Segmente unterbrochen wird.  Die Legeklappe ist anliegend. Bei beiden Geschlechtern befindet sich auf der Oberseite der Hinterleibssegmente S-8 und S-9 jeweils ein schwarzer Fleck.

 

Die Bildtafel unten zeigt Weibchen der Frühen Heidelibelle.

 

 

Sympetrum fonscolombii ist eine sehr wärmeliebende Art. Sie besiedelt in warmen Regionen  wie dem Mittelmeergebiet und Afrika  verschiedenste Biotope. Das Spektrum ihrer Lebensräume reicht von Sümpfen und Teichen mit starker Vegetation bis hin zu pflanzenlosen Tümpeln, die sogar teilweise austrocknen können bzw. zeitweise trockenfallen müssen. In unseren heimischen Gefilden ist die Art wesentlich wählerischer und bevorzugt flache, kaum oder wenig bewachsene, stehende Gewässer, die sich durch Flachwasserzonen auszeichnen und aufgrund intensiver Sonneneinstrahlung sehr schnell erwärmen. Die Feuchtgebiete sollten darüber hinaus eine gewisse Dynamik aufweisen, indem sie sich von Zeit zu Zeit stetig verändern.

 

Von den Imagines bevorzugte Refugien weisen eine Größe von einigen Ar bis einem Hektar auf. Dort fliegen sie an den flachen Uferbereichen über Wassertiefen von 10 bis 50 Zentimetern, was einem möglichen Eiablagehabitat entspricht.

 

Weitere Populationen wurden an verschiedenen, nur 10m2 bis 25m2 großen Kiesgrubentümpeln gefunden, die während langanhaltender Hitzeperioden im Sommer trocken fielen. Sympetrum fonscolombii benötigt zu den genannten Gewässertypen große offene Flächen mit niederer Ruderalvegetation, die als Reife- und Jagdhabitat genutzt werden können. Dies können sowohl größere Wildwiesen oder Ackerflächen sein.

 

Männchen der Frühen Heidelibelle. Beachte die blaugefärbten unteren Augenhälften und die roten Flügeladern.

 

Ein Männchen der Frühen Heidelibelle in Obeliskstellung.
Ein Männchen der Frühen Heidelibelle in Obeliskstellung.

 

In verschiedenen Lebensräumen Nordrhein-Westfalens, welche die Frühe Heidelibelle besiedelte konnte beobachtet werden, dass die ohnehin kleinen Populationen mit zunehmender Verbuschung der Gewässer ständig abnahmen bis nur noch sporadisch Einzeltiere gesichtet wurden. Da im weiteren Verlauf Pflegemaßnahmen gänzlich unterblieben führte dies schließlich zum Erlöschen der Bestände.

 

Ein typischer Lebensraum der Frühen Heidelibelle.

 

 

Die Larven tolerieren in Gebieten am Mittelmeer auch leichte Strömungen. Erstaunlich ist, dass die Larven auch in Salzwasser existieren und sich entwickeln können. Die Autoren beobachteten im Oktober 2010  auf Mallorca frisch geschlüpfte Imagines unmittelbar an einem sehr flachen und ruhigen Küstenabschnitt, abseits jedes noch so kleinen Süßwasservorkommens.

 

Für ihre Imaginalhäutung benötigen die Larven keine speziellen Strukturen, sondern schlüpfen je nach Ort und dessen Beschaffenheit rein opportunistisch. Das Spektrum für die Emergenz reicht von zwei Meter hohen Ästen bis zu größeren Steinen am Ufer der Gewässer. Die Art ist nicht nur als Imago sehr wanderfreudig; auch die Larven können zum Schlüpfen längere Strecken zurücklegen. Es wurden schon Exuvien bis zu 50 Meter vom Gewässer entfernt gefunden.

 

In der Mittelmeerregion ist Sympetrum fonscolombii wohl regelmäßig bivoltin, das heißt mit 2 Generationen pro Jahr vertreten. Im äußersten Süden Europas ist die Art teilweise sogar trivoltin, bildet also 3 Generationen pro Jahr. In Regionen ohne ausgeprägte Jahreszeiten, wie z.B. in Afrika kann man vermutlich sogar permanent schlüpfende Tiere beobachten.

 

Die in unseren heimischen Breiten im Mai einfliegenden Frühen Heidelibellen werden als die 1. Generation bezeichnet. Sie fliegen aus südlichen Regionen bei uns ein und suchen entsprechend passende Habitate auf. Die Imagines kommen vermutlich aus mediterranen Landstrichen entweder über die Alpen oder das Rhonetal zu uns. Genauere Untersuchungen stehen noch aus.

 

Die bereits geschlechtsreifen Tiere beginnen an den Gewässern unserer heimischen Gefilde unverzüglich mit Fortpflanzungsaktivitäten wie Paarung und Eiablage. Wenige Wochen danach erlischt die 1. Generation aus Altersgründen.

 

Kopula eines Pärchens der Frühen Heidelibelle, Sympetrum fonscolombii.
Kopula eines Pärchens der Frühen Heidelibelle, Sympetrum fonscolombii.

 

Die Embryonal und Larvalentwicklung verläuft meist sehr schnell und ohne Diapause. Es ist jedoch auch möglich, dass Eier längere Trockenzeiten überstehen können, wenn ein Kleingewässer während des Sommers trocken fällt, sodass es zu einer sogenannten „Eiruhe“ kommt. Einige entdeckte Frühjahrsgenerationen belegen, dass die Art hier überwintern kann.

 

Den Autoren gelang am 8. Mai 2008 im Naturschutzgebiet „Wahner Heide“ bei Köln der Nachweis eines juvenilen Weibchens von Sympetrum fonscolombii. Laut der Statistik des verantwortlichen Dachverbandes  war dies der erste Nachweis seit 1925.

 

Unter durchschnittlichen mitteleuropäischen Witterungsverhältnissen dauert die Entwicklung der Art von der Eiablage bis zur Emergenz der Art zwischen 54 und 75 Tagen. Dabei durchlaufen sie 11 Stadien, die jeweils mit einer Häutung abgeschlossen werden.

 

Wenn Mitte Mai die 1. Generation hierzulande eingeflogen ist und Eier ablegt, so können unter günstigen Bedingungen bereits zwei Monate später schon juvenile Exemplare der Art beobachtet werden. Da sich der Einflug der 1. Generation jedoch über mehrere Wochen hinziehen und durch zwischenzeitliche Schlechtwetterperioden die larvale Entwicklung verzögert werden kann, ist eine Emergenz von Jungtieren der 2. Generation noch weit bis in den November hinein möglich. Ob die spät schlüpfenden Tiere eine erfolgreiche Abwanderung in südliche Regionen dann noch bewerkstelligen können ist fraglich.

 

Bei Heidelibellen kommt es immer wieder zu „Fehlgriffen“, bei denen die Männchen artfremde Weibchen ergreifen. Im folgenden Fall „überfiel“ ein erwachsenes Männchen der Großen Heidelibelle, Sympetrum striolatum, ein weibliches Jungtier der Frühen Heidelibelle, welches gerade seinen Jungfernflug absolviert hatte. Nach dem Andocken am Hinterkopf des Weibchens, wurde dieses durch die Luft davon geschleppt.

 

 

Eine Emergenz der Art ist sehr schwer zu beobachten und zu dokumentieren. Die Verwandlung zur Imago beginnt zumeist erst kurz nach Sonnenuntergang und vollzieht sich in der ersten Nachthälfte. Gleich nach Sonnenaufgang starten die Tiere dann zu ihrem Jungfernflug.  Die 2. Generation von Jungtieren kann dabei beobachtet werden, wie sie im Umfeld ihres Schlupfortes noch ein paar Tage jagt und Kräfte sammelt, um anschließend ihre Wanderung nach Süden zu beginnen.

 

S. fonscolombii erbeutet als Nahrung kleine Insekten wie Fliegen, Mücken, Schwebfliegen und Schnaken, die im Flug geschlagen werden.

 

Im Wasser vorkommende Insektenlarven der Stein und Köcherfliegen, Larven diverser  Kleinlibellen sowie andere Kleinorganismen wie Wasserflöhe und Kleinkrebse bilden die Ernährungsgrundlage der Larven.

 

Das Hauptareal von Sympetrum fonscolombii umfasst das gesamte Mittelmeergebiet, Nordafrika, Madeira, die kanarischen Inseln, die Azoren, Mittelasien, Kashmir, Indien, Sri Lanka,  und weiter ostwärts bis nach China und Japan.

 

Als „Invasionsart“ dringt die Frühe Heidelibelle in mehreren Schüben von unterschiedlicher Stärke pro Jahr von Süden bis zu den Britischen Inseln einschließlich Schottland und Irland vor.

 

In Deutschland ist die Art mehr auf die südlichen und westlichen Bundesländer verteilt nachgewiesen. Nach Norden hin nimmt ihre Abbundanz stark ab. Als nördlichster Verbreitungspunkt in Deutschland gelang im Jahr 1998 ein Entwicklungsnachweis auf Helgoland.

 

Durch ihre Ansprüche die Lebensräume betreffend, findet man die Frühe Heidelibelle in kleinen Populationen an geeigneten kleinen bis mittelgroßen stehenden Gewässern mit entsprechender Sonnenbestrahlung und ausgedehnten Flachwasserzonen mit niedriger bis keinerlei Ufervegetation vor. Als eine reine Wanderlibellenart ist ihr Vorkommen recht unstet und kann von Jahr zu Jahr extrem unterschiedlich sein.

 

Die Art galt bis vor kurzem in Deutschland doch als „Dispersalart“ mit defizitären Daten und wurde daher als hin und wieder einfliegender „Gast“ bezeichnet. Heute ist bekannt, dass extrem kleine Bestände hierzulande bodenständig sind und daraus resultierend, auch erfolgreich überwintern können. In der aktuellen Roten Liste wird S. fonscolombii in der Stufe 3 = „Gefährdet“ eingestuft.  Die Art  steht - wie alle Libellen - per Gesetz unter Naturschutz.

 

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