Gebänderte Prachtlibelle

Calopteryx splendens

HARRIS, 1780

 

Hinweise zur wissenschaftlichen Nomenklatur. „Calopteryx“ stammt von „kalos“ (gr.) = schön und „pteryx“ (gr.) = Flügel; „Schönflügel“. „splendens“ (lat.) = glänzend; nach dem Metallglanz des gesamten Körpers. Der deutsche Artname bezieht sich auf das blaue Band in den Flügeln der Männchen.

 

 

Imagines der Gebänderten Prachtlibelle erreichen Körperlängen von bis zu 5 Zentimetern und eine Flügelspannweite von 6,5 bis 7 Zentimetern. Da die Prachtlibellen in die Familie der Kleinlibellen integriert sind, zählen sie somit zu den größten mitteleuropäischen Kleinlibellenarten. Die Art zeigt einen ausgeprägten Sexualdimorphismus, was bedeutet, dass sich die Geschlechter äußerlich stark unterscheiden.

 

Die Männchen sind unmittelbar nach der Emergenz noch relativ farblos. Ihre Augen sind noch milchig braun. Kurz darauf entwickeln sie eine metallisch schillernde, intensiv blaue Körperfärbung und die Augen färben sich schwarz. Ihre Flügel weisen mittig ein dunkelblaues Band auf, welches in seiner Breite durchaus variieren kann. Die Flügelbasen und deren Spitzen sind durchsichtig. Flügelmale sind keine vorhanden.

 

 

Das runde und bis zu seinem Ende zylindrisch gestaltete Abdomen weist auf der Unterseite der letzten drei Segmente weiße Flecken auf. Diese Zeichnung dient dem Männchen bei der Werbung um die Weibchen, indem es durch anheben des Abdomens den Weibchen entgegen gestreckt wird. Diese markante Färbung wird im Fachjargon als „Schlusslicht“ bezeichnet.

 

Ein Männchen der Gebänderten Prachtlibelle präsentiert sein "Schlusslicht".
Ein Männchen der Gebänderten Prachtlibelle präsentiert sein "Schlusslicht".

 

Die Weibchen weit weniger auffällig gefärbt als ihre männlichen Artgenossen. Je nach Lichteinfall wirken ihre Körper metallisch grün bis Kupfer- oder bronzefarben. Ihre Flügel sind durchweg von grünlicher Färbung und Äderung. Ein Band in ihrer Mitte, wie bei den Männchen, fehlt ihnen. Als ausgefärbte Tiere entwickeln sie ein „falsches“ Flügelmal (Pseudopterostigmata), das von Adern durchzogen ist. Besonders bei den weiblichen Imagines besteht eine erhebliche Verwechslungsgefahr mit der Schwesternart, der Blauflügel-Prachtlibelle, Calopteryx virgo. Diese besitzt dunklere und etwas größere Flügel als die Gebänderte Prachtlibelle. Die Flügeläderung ist jedoch deutlicher. Diese Äderung ist bei den Weibchen der Blauflügel-Prachtlibelle kräftiger ausgebildet und gelblich gefärbt.

 

 

Calopteryx splendens ist eine sehr wärmeliebende, reine Fließgewässerart, die kleinere Flüsse, Bäche, Wiesengräben und Kanäle in deren Mittel- und Unterläufen besiedelt, deren Fließgeschwindigkeit von mittel bis träge variieren kann. Die Habitate sollten über eine ausreichende Besonnung und üppige Verkrautung mit emerser und submerser Vegetation verfügen. Mit Hochstaudengewächsen bestandene Ufer werden bevorzugt, da diese als Ruhe- und Ausguckplätze genutzt werden. Die Gewässer müssen reich an Nährstoffen sein. Je geringer der Gehalt an Nährstoffen ist, umso kleiner entwickeln sich die Populationen der Art an den entsprechenden Gewässern. Nährstoffarme Fließgewässer wie diverse Heidebäche oder Abläufe aus sauren Mooren werden gänzlich gemieden. An sommerkalten Fließgewässern wie Mittelgebirgsbächen mit turbulenter Fließgeschwindigkeit fehlt die Art ebenfalls. Sind alle Parameter für einen Lebensraum der Gebänderten Prachtlibelle gegeben, toleriert sie auch einen gewissen Verschmutzungsgrad des Gewässers, sofern der Nährstoffgehalt stimmt.

 

 

In Ihrer Lebensweise zeigen die adulten Männchen der Gebänderten Prachtlibelle ein ausgeprägtes Territorialverhalten. Ein Männchen besetzt entlang eines Wasserlaufes ein Revier von etwa 3 Metern Länge und einer Tiefe, die bis zur Gewässermitte reicht. Von dort aus vertreibt es Rivalen nicht im direkten Zweikampf, sondern mit Drohgebärden der Flügel. Hier findet auch das für Prachtlibellen typische Balzen um die Weibchen statt. Bei hoher Individuendichte können sich die Reviere verkleinern. Männchen, die keine Reviere besitzen halten sich an den Rändern von Revierbesitzern auf und werden scheinbar auf eine ökonomische Art und Weise toleriert.

 

Fliegt ein paarungswilliges Weibchen in ein Revier eines Männchens ein, wird dieses nicht, wie bei anderen Libellenarten, gleich zur Paarung ergriffen. Stattdessen fliegt das Männchen dem Weibchen entgegen. In einem auffälligen Flugverhalten zeigt es ihm mit erhobenem Hinterleib sein weißes „Schlusslicht“. Zeigt das Weibchen Interesse, fliegt ihm das Männchen voraus, um der potentiellen Partnerin den zuvor ausgewählten Eiablageplatz zu zeigen. Hier setzt sich das Weibchen zunächst ab. Das Männchen beginnt nun damit, schwirrend vor dem Weibchen zu „pendeln“. Wenn das Weibchen aus mangelndem Interesse nicht auffliegt, koppelt sich das Männchen erst jetzt an das Weibchen an, und es kommt zu einer Paarung.

 

Ein Männchen bei der Balz um das Weibchen, was ihm gegenüber sitzt. Beachte das erhobene Abdomen mit dem weißen "Schlusslicht".
Ein Männchen bei der Balz um das Weibchen, was ihm gegenüber sitzt. Beachte das erhobene Abdomen mit dem weißen "Schlusslicht".
Ein Pärchen am Morgen in Harmonie vereint; ein seltenes Dokument.
Ein Pärchen am Morgen in Harmonie vereint; ein seltenes Dokument.

 

Nach etwa 2 bis 5 Minuten löst sich das Paarungsrad auf und das Weibchen geht zur Eiablage über. Im Normalfall geschieht dies über der Wasseroberfläche. In Extremsituationen kann das Weibchen dabei auch komplett untertauchen, wobei es stets mit dem Kopf voran abtaucht. Dabei nimmt es einen am Körper und den Flügeln anhaftenden Vorrat an Luft mit nach unten, was ihm eine Tauchzeit von bis zu 90 Minuten ermöglicht. Während dieser Zeit werden etwa 10 bis 20 Eier pro Minute in weiches Pflanzensubstrat eingestochen. Das Männchen bewacht diesen Vorgang, über der Tauchstelle fliegend und Rivalen vertreibend, bis das Weibchen wieder auftaucht und sich mit Flügelschlägen aus dem Wasser zieht.

 

Derartige Paarungs- und Eiablagevorgänge können sich unter günstigen Umständen bis zu 10 Mal am Tag wiederholen, wobei sich die Weibchen auch mit anderen Männchen verpaaren können.

 

Nach 6 bis 9 Wochen schlüpfen aus den Eiern die Larven, die in ihrer zumeist einjährigen Entwicklung bis zu 12 Stadien durchlaufen, die jeweils mit einer Häutung abgeschlossen werden. Da sich die Larven nicht am Gewässerboden, sondern an Wasserpflanzen aufhalten, ist eine üppige Verkrautung mit Wasserpflanzen - wie eingangs erwähnt - sehr wichtig. Hier erjagen sie kleine Insektenlarven von Zuckmücken und Bachflohkrebsen und können sich erfolgreich vor Fressfeinden wie Fischen, Großlibellenlarven, Gelbrandkäfern und sogar vor den Schnäbeln von Wasservögeln verstecken.

 

Calopteryx splendens ist gemäß der Roten Liste für bedrohte Tierarten in Teilen Deutschlands eine „Art der Vorwarnliste“. Refugien, in denen sie teilweise noch zahlreich vorkommt, sollten vor zunehmender Verschmutzung bewahrt und die Art in ihrem Bestand so geschützt werden. Die Gebänderte Prachtlibelle fliegt in warmen Frühjahren von Ende April / Anfang Mai bis Anfang September. Ihre durchschnittliche Lebenserwartung als Imago überdauert nur gut zwei Wochen. Die Weibchen leben etwas länger. In Einzelfällen wurden markierte Individuen noch nach 50 Tagen wieder aufgefunden.

 

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