Hinweise zur wissenschaftlichen Nomenklatur:
Die Gattung wurde von M. Edmond de Sélys – Longchamps 1883 zu Ehren des provenzalischen Entomologen Baron E.L.J.H. Boyer de Fonscolombe (1772 – 1853) zunächst "Fonscolombia" genannt. Dieser Name war jedoch schon anderweitig vergeben. Deshalb wurde die Libellengattung später von Robert McLachlan Boyeria genannt.
Der Artname irene geht auf die griechische Friedensgöttin Eirênê zurück, von der sich der Frauenname „Irene“ ableitet. Weshalb Fonscolombe den Namen wählte ist unklar. Der deutsche Artname bezieht sich auf den Verbreitungsschwerpunkt im westmediterranen Raum.
Die Westliche Geisterlibelle ist unter den Edellibellen eine absolute Ausnahmeerscheinung. Die sonst im westlichen Mittelmeergebiet vorkommende Art hat seit ihrer Entdeckung im Jahre 2008 an dem Heidefluss „Örtze", zwischen Hermannsburg und seiner Mündung in den Fluss „Aller“ bei Winsen in Niedersachsen eine zweite Heimat gefunden. Seit wann sie in Niedersachsen heimisch ist und wie sie dorthin kam, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben.
Die Edellibelle erreicht eine Körperlänge von bis zu 9,5 Zentimetern, wobei dieses Maß auch ihrer Flügelspannweite entspricht. Die Tiere verfügen über eine extrem wirksame Tarnfärbung, eine Art
„Camouflage“ die einzigartig unter den Libellen ist. Eine Art schmutzig grüne Färbung, gemischt mit braun beigen Farbmustern und die grünen Augen sorgen für einer Verschmelzung mit ihrer
Umgebung. Daher sind die Tiere selbst bei ihren kurzen Ruhepausen so gut wie nicht aufzufinden.
Die Exuvien der Westlichen Geisterlibelle, Boyeria irene, sind von denen anderer Edellibellen relativ gut zu unterscheiden. Ein sicheres Bestimmungsmerkmal sind die Seitendornen am 5. Hinterleibssegment über die sie als einzige europäische Edellibellenart verfügen. Die Larvenhaut ist etwa 40 Millimeter lang, ihre Färbung ist mitunter, wie hier zu sehen, recht dunkel.
Die folgenden Aufnahmen zeigen Männchen der Art.
Die Westliche Geisterlibelle macht ihrem Namen alle Ehre. Sie erscheint als extremer Dauerflieger erst in den Nachmittagsstunden an langsam fließenden und sauberen Gewässern. Dabei suchen die Männchen, wie aus dem Nichts kommend, in einem rasanten und unruhigen Flug die steilen ausgewaschenen Uferbereiche und deren Wurzelhöhlen nach Weibchen ab, die sich dort verstecken. Dies sind auch die Plätze, an denen die Weibchen später ihre Eier ablegen. Beobachtungen der Art beschränken sich hierbei nur auf wenige Sekunden. Die Tiere dehnen dabei ihre Aktivitäten bis in die Abendstunden aus. Dabei fühlen sie sich als einzige Libellenart von künstlichem Licht angezogen, wobei viele Tiere die Opfer von Auto-Scheinwerfern werden.
Die Flugzeit von Boyeria irene reicht von Juli bis September. Ihre Population ist allerorts relativ klein. Sie wird deshalb in der Roten Liste der bedrohten Tierarten in der Stufe 1 als „Vom Aussterben bedroht" geführt.
Für die Entwicklung vom Ei über die verschiedenen Larvenstadien bis zur Imaginalhäutung (Schlupf zur fertigen Libelle) benötigt die Art 3 Jahre.